Lithium-Ionen-Batterien. Sicher?

Unter bestimmten Umständen können sie heftig reagieren

Die Lithium-Ionen-Batterie hat im Vergleich zu anderen Batterietechnologien eine besonders hohe Energiedichte. Unter regulären Umständen wird diese Energie durch elektrische Entladung zugunsten eines elektrischen Verbrauchers freigesetzt, sodass es sich bei der Lithium-Ionen-Technologie grundsätzlich um eine sichere Technologie handelt.

Unter bestimmten Umständen erfolgt jedoch eine unkontrollierte thermische Energieabgabe, mit der entsprechend umgegangen werden muss. Dabei kommt es zu heftigen Reaktionen, die eine Entzündung einzelner Zellen sowie den Ausstoß von toxischen und korrosiven Schadgasen mit sich bringen.

Durch die bei einer Havarie einer Zelle entstehenden hohen Temperaturen kommt es oft zum thermischen Durchgehen der gesamten Batterie. Durch die Folgen bestehen Gefahren für Personen und Sachgüter. Besonders defekte Lithium-Ionen-Batterien neigen häufiger zu solchen Reaktionen. Die Ursachen und Folgen eines solchen Ereignisses sollen hier dargestellt werden.

Ursachen einer Havarie

Mechanische Einwirkung

Durch die Verformung einer Zelle oder das Eindringen eines Fremdkörpers in die Zelle kann es zu einer Beschädigung des Separators kommen.

Der Seperator ist die innere Trennschicht zwischen Anode und Kathode, die einen unkonntrollierten Ladungsaustausch verhindern soll.

Kommt es zu einer Beschädigung des Seperators, führt dies zu einem inneren Kurzschluss in der Zelle.

Elektrische Einwirkung

Bei den elektrischen Einflüssen wird zwischen der Überladung der Zelle und dem äußeren Kurzschluss unterschieden.

Bei der Überladung kann die elektrische Energie irgendwann nicht mehr in chemische Energie umgesetzt werden, was zu einer Erwärmung der Zelle führt.

Beim Kurzschluss kommt es zu einem hohen Stromfluss, der wiederum zur Erwärmung der Zelle führt.

 

Thermische Einwirkung

Zu thermischen Einwirkungen auf die Zellen kann es durch batterieexterne sowie durch interne Einflüsse kommen.

Ein externer Einfluss kann zum Beispiel ein Umgebungsbrand, starke Sonneneinstrahlung oder das Versagen eines Kühlsystems sein.

Ein innerer Einfluss ist meist Folge einer sogenannten thermischen Propagation. Das ist die thermische Ansteckung von Nachbarzellen.

Alterung

Durch die chemische Alterung der Zellen, die vor allem durch Tiefentladungen beschleunigt wird, kann es zu einer ungleichmäßigen Verteilung des Litihums kommen.

Dadurch kommt es punktuell zum Kristallwachstum metallischen Lithiums.

Diese sogenannten Dendriten können den Separator durchstoßen und zu einem inneren Kurzschluss führen.

Folgen und Gefahren einer Havarie

Folgen einer Havarie

Aus den vorangegangenen Ausführungen zeigt sich, dass es in allen Fällen zu einem inneren Kurzschluss der Zelle kommt. Der innere Kurzschluss führt zu einer sehr hohen Leistung in der Zelle. Durch die schnelle Erwärmung und durch chemische Reaktionen kommt es zur unkontrollierten Zersetzung der Stoffe in der Zelle sowie zu einer raschen Volumenzunahme. Das führt im besten Fall zu einem gezielten Ausströmen der heißen Gase durch vorgesehene Berstöffnungen. Im schlimmsten Fall führt es jedoch durch das Bersten der Außenhülle zu einer Explosion. Durch die hohe Temperatur der Gase und austretenden Funken und Flammen kommt es in vielen Fällen zur Entzündung der Gase. Das geschieht auch, falls die Gase kontrolliert durch die vorgesehene Berstöffnung entweichen. Das Löschen einzelner Zellen ist kaum möglich. Durch aktives Kühlen kann lediglich die Propagation von Zelle zu Zelle oder von Modul zu Modul verhindert werden.

Die Folgen eines Batteriebrands sehen Sie auch bei den aktuellen Vorfällen.

Gefahren durch austretende Stoffe

Während der Havarie einer Lithium-Ionen-Batterie treten verschiedene Flüssigkeiten, Gase und Feststoffe aus der Batterie aus, die sich unkontrolliert in der Umgebung ausbreiten. Durch den starken Druck, der während einer Havarie auftreten kann, kommt es oft zum Umherfliegen von Gehäuseteilen. Eine weitere Gefahr besteht in der bereits erwähnten Entzündung der austretenden Gase und der damit einhergehenden Entzündung von in der Nähe befindlichen Brandlasten. Neben den Risiken durch thermische oder mechanische Gefahren ist die Toxizität und Korrosivität der austretenden Gase eine ganz wesentliche Gefahr für die Menschen im Umfeld der Havarie. Bei den in der Zelle befindlichen Elektrolyten handelt es sich meistens um Fluorsalze des Lithiums gelöst in kurzkettigen Kohlenwasserstoffen. Speziell das oft zu findende Lithiumhexafluorophosphat zersetzt sich bereits ab 107 °C zu Lithiumfluorit sowie dem gasförmigen und hochtoxischen Phosphorpentafluorid. Das wiederum reagiert in Gegenwart von Luftfeuchtigkeit zu dem ebenso toxischen und hoch korrosiven Fluorwasserstoff. Korrosive Stoffe greifen elektrische und elektronische Geräte an, wodurch hohe Sachschäden entstehen. Des Weiteren werden von der Zelle aromatische Kohlenwasserstoffe und deren teilverbrannte Oxide ausgestoßen, von welchen ebenso ein hohes Risiko für die Gesundheit ausgeht. Darüber hinaus werden viele gesundheitsschädliche Schwermetalle und Stäube freigesetzt.